17 Ziele im Fokus mit CHristian Kröncke Verteter für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Hamburg im NFH
Christian Kröncke ist seit 2012 als Gewerkschaftssekretär beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Hamburg tätig, der als Dachverband seiner acht Mitgliedsgewerkschaften (ver,di, IGM, GEW, IG BCE, IG BAU, EVG, NGG, GdP) die Interessen der rund 170.000 Gewerkschaftsmitglieder sowie der Beschäftigten in Hamburg gegenüber Bürgerschaft, Senat, Parteien, Verbänden und Medien vertritt. Bereits vor seiner hauptamtlichen Tätigkeit jahrelang gewerkschaftlich aktiv, arbeitet er nun mit den ehrenamtlichen Kolleg*innen in diversen Gremien zusammen und beschäftigt sich mit den Schwerpunkten Berufliche Bildung, Handwerk, Arbeitsschutz sowie Friedens-, Erinnerungs- und Gedenkkultur und seit kurzem mit den Themen Nachhaltigkeit und Transformation, immer mit dem Blick auf das Thema „Arbeit“ als Kernanliegen.
CHRISTIAN, Du setzt dich mit deiner Organisation hautpsächlich für das SDG 8 "Nachhaltiges Wirtschaftswachstum und menschenwürdige Arbeit" ein, wie kannst du Diese Arbeit iM NFH Einbringen?
Kernanliegen gewerkschaftlicher Arbeit ist die Förderung der Mitbestimmung von Beschäftigten in Betrieben und der Wirtschaft sowie die Ausgestaltung guter, existenzsichernder Arbeit. Dabei geht es nicht nur um die Frage tariflicher, gleichwertiger Entlohnung und Arbeit, sondern dies umfasst den Gesundheits- und Arbeitsschutz, die Gleichstellung und Gleichbehandlung aller Geschlechter, Bildungs- und Karrierechancen sowie die Beteiligung an Organisations-, Gestaltungs- und Entscheidungsprozessen (Mitbestimmung) im Betrieb.
Die Erreichung der Ziele hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft und menschenwürdigen Arbeit streift etliche andere SDG. Das Zurückdrängen von Erwerbs- und Altersarmut sowie Sozialdumping flankiert auch SDG 1 und 2 - berührt somit die Armutsvermeidung. Ebenso ist der Arbeits- und Gesundheitsschutz zentral bei der Ausgestaltung von Guter Arbeit und unterstützt folglich das SDG 3 "Gesundheit und Wohlergehen", indem Arbeit so gestaltet werden muss, dass sie nicht krank macht. Weiterhin zielen Karriere- und Bildungschancen während des Erwerbslebens auf eine nachhaltige (Weiter-)Bildungskultur in den Betrieben ab und nehmen Bezug auf das SDG 4 "Hochwertige Bildung". Entgeltgleichheit ist nicht nur wichtig, um das SDG 10 "Weniger Ungleichheiten" voranzubringen, sondern vor allem stützt es das Anliegen, mehr Geschlechtergerechtigkeit zu erzielen (SDG 5 "Geschlechtergleichstellung"). Im Detail sind die Unterziele noch weitreichender, die für die Erreichung der SDG oft mit gegenseitigen Bezügen zum Thema Arbeit zu verstehen sind, um eine soziale und demokratische Dimension für eine nachhaltige Wirtschaft voranzubringen.
Wie bewertest du den Umsetzungsstand der sdgs in Hamburg?
Das Anliegen, Arbeit und Wirtschaft sozialer, fairer und nachhaltiger zu gestalten, ist länger in unserer Gesellschaft verankert als der Gedanke an eine nachhaltige Umwelt. Von der Arbeiter*innenbewegung ausgehend sind die Gewerkschaften hervorgegangen, die seit jeher für die Verbesserung der Arbeit, die Vermeidung der Armut, die Mitwirkung in der Wirtschaft und die Verteilung des Reichtums in unserer Gesellschaft eintreten. Daraus ist nicht nur eine Beteiligungskultur in den Betrieben und Unternehmen (z. B. Betriebrät*innen, Parität in Aufsichtsräten) und öffentlichen Institutionen (z. B. Agentur für Arbeit) entstanden, sondern auch umfangreiche Gesetze (Betriebsverfassungsgesetz, Arbeitsschutzgesetz, Arbeitszeitgesetz etc.), die für uns heute unter anderem eine geregelte Arbeitswoche und Arbeitszeitregelungen vorsehen, Schutzmaßnahmen für Beschäftigte beinhalten sowie die Gesunderhaltung oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und einen Mindestlohn sichern. Insofern sind die SDG ein weiterer Schritt in diesem Prozess, die umfangreicheren Ziele miteinander zu verbinden. Etliches ist erreicht, vieles muss noch unter den Nachhaltigkeitsaspekten geregelt oder neu angestoßen werden, um nicht nur vor Ort Verbesserungen zu erreichen, sondern auch global. Gelebte Mitbestimmung, Tarifverträge und das Lieferkettengesetz können dafür Indikatoren bereitstellen. Es gibt noch viel zu tun, um die Welt sozial und umweltbezogen nachhaltiger zu gestalten.
Worin siehst du die größten Hebelpunkte Und Potentiale für nachhaltige Entwicklung in Hamburg? UND was ist deine persönliche vision für hamburg?
Ganz klar: In einer demokratischen Beteiligung der Beschäftigten und der Gesellschaft in den Unternehmen bzw. den Institutionen Hamburgs in Form echter Wirtschaftsdemokratie; in der Dekarbonisierung von Industrie und Verkehr zur Etablierung eines nachhaltigen, sozial gestalteten Verkehrs- und Wirtschaftssystems; in einer gerechteren Verteilung von Eigentum sowie Grund und Boden; in der Förderung von kulturellen, sportlichen und gesellschaftspolitischen Strukturen zur Erholung, Bildung und Partizipation; in mehr Grün; im nützlichen Konsum und weniger Verbrauch.
Was sind aus deiner Sicht die notwendigen nächsten Schritte für die Umsetzung der SDGs in Hamburg?
Es muss darum gehen, der Hamburger Bevölkerung, der Bürgerschaft und dem Senat zügig Empfehlungen in die Hand zu geben, wie mit Hilfe der SDG eine nachhaltig gestaltetete Stadt umgesetzt wird und inwieweit die Erreichung der Ziele konkret realisiert, überprüft und nachgebessert werden können.
Vielen Dank, Christian! Wir freuen uns auf die Weitere gemeinsame Arbeit mit dir!
Die Fragen und das Interview wurden vorbereitet von Elvira Hinz, wissenschaftliche Referentin des NFH.