ParicaPartoshoar

17 Ziele im Fokus – Parica Partoshoar vom Hamburger Integrationsbeirat

17 Ziele im Fokus mit Parica Partoshoar -
Vertreterin des Hamburger Integrationsbeirats im NFH

Parica Partoshoar ist seit Oktober 2021 Mitglied des Hamburger Integrationsbeirats und seit 2022 eine der 3 Sprecher:innen des Hamburger Integrationsbeirats (HIB). Seit Ende 2022 ist sie Vertreterin des HIB im Nachhaltigkeitsforum Hamburg. Parica hat die Bereichsleitung in einem Tochterunternehmen der Stadt inne und ist für die Unterbringung von Menschen, die ein Dach über dem Kopf brauchen, zuständig, momentan insbesondere für die Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine. Sie setzt sich privat wie auch beruflich für das Thema Nachhaltigkeit ein und versucht, insbesondere beruflich das Thema an die Menschen zu bringen.

Der HIB bietet Menschen mit Migrationsgeschichte Raum, ihre Perspektiven mit einzubringen und die Sozialbehörde wie auch den Senat in integrationspolitischen Fragen zu beraten. Ebenso wirkt der HIB an der Umsetzung und Weiterentwicklung des Hamburger Integrationskonzeptes 2017 „WIR SIND HAMBURG – Teilhabe, Interkulturelle Öffnung und Zusammenhalt“ mit. Er stellt sich gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowie der Diskriminierung aufgrund rassistischer Zuschreibungen und ethnischer Zugehörigkeit entgegen. Zudem wirkt der HIB als Brückenbauer und Integrationsmultiplikator umsetzungsorientiert in alle Bereiche der Gesellschaft hinein, indem die Mitglieder in den jeweiligen Verantwortungsbereichen aktiv zur Integrationsförderung beitragen und Partizipation fördern.

Parica, du setzt dich mit dem Hamburger Integrationsbeirat hauptsächlich für die SDG Nr. 5, 10 und 11 ein, wie kannst du diese Arbeit ins NFH einbringen?

Ich vertrete seit November 2022 den Hamburger Integrationsbeirat (HIB) im NFH und bin vor allem in der AG Soziale Nachhaltigkeit tätig, wo wir uns u.a. mit den Themen Teilhabe und dem sozialen Zusammenhalt beschäftigen. Die Perspektive und die Bedürfnisse der Menschen mit Migrationsgeschichte werden dort mit eingebracht und berücksichtigt.

Bezüglich des SDG 5, Geschlechtergleichheit, ist es leider immer noch so, dass Frauen immer noch ca. 18% weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen verdienen, sie hauptsächlich für die Erziehung der Kinder zuständig sind und so oft aus der Teilzeitfalle kaum rauskommen, was u.a. zu einer höheren Altersarmut führen kann. Laut Studien sind insbesondere Frauen mit Migrationsgeschichte von Armut betroffen. Es ist sehr wichtig, diese Frauen im Blick zu behalten und ihnen ihre Möglichkeiten aufzuzeigen, gleichzeitig ihre Perspektive hier mit einzubringen und ihnen eine Stimme zu geben.

Bezüglich SDG 10, Weniger Ungleichheiten, ist festzustellen: Obwohl Menschen mit Migrationsgeschichte ca. 28% der Menschen in Deutschland ausmachen, sind sie nicht in allen Bereichen und auf allen Entscheidungsebenen adäquat vertreten. Laut Studien beginnt die Ungleichheit bereits mit der Einschulung, indem Kinder mit Migrationsgeschichte bspw. oft eher in eine Klasse zusammengelegt werden, wo sie „unter sich sein können“. Dies zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche des Lebens durch. Durch die Mitarbeit im NFH kann der HIB eine Brücke zu den Communities schlagen, sie mit einbeziehen und die Perspektive der Menschen mit Migrationsgeschichte einbringen, gleichzeitig die Partizipation dieser Communities fördern und ggf. Menschen miteinander vernetzen.

Und zum SDG 11, Nachhaltige Städte und Gemeinden, ist für Hamburg besonders relevant, dass die Stadt in den letzten Jahren durch die vielen Neuzugewanderten gewachsen ist. Die Integration dieser Menschen in allen Bereichen unserer Gesellschaft ist eine der größten Herausforderungen in den kommenden Jahren, die wir als Gesellschaft meistern müssen. Hierzu gehören u.a. die Erhöhung der Wohnstandards der Geflüchteten in kleineren, zentralen und nachhaltigeren Unterkünften, die in den jeweiligen Bezirken integriert sind, bezahlbarer Wohnraum wie auch die notwendige Infrastruktur in den jeweiligen Bezirken, ausreichende Kinderbetreuungsangebote, Gewährleistung der ärztlichen Versorgung, mehr und insbesondere auch im Bereich interkultureller Kompetenz besser ausgebildete Kita- und Lehrkräfte u.v.m. In diesen genannten Punkten haben wir großen Handlungsbedarf.

Wie bewertest du den Umsetzungsstand der SDGs in Hamburg?

Es gibt bisher einige Schritte, die in die richtige Richtung weisen, aber es besteht noch sehr viel Luft nach oben. Die 17 Ziele sind in der Bevölkerung und auch in den Behörden ggf. bekannt, aber es fehlt an einer richtigen Umsetzungsstrategie für die Erreichung der 17 Ziele. Diese muss dann auch entsprechend kommuniziert werden.

Worin siehst du die größten Hebelpunkte und Potenziale für nachhaltige Entwicklung in Hamburg?

Das Andocken der Verantwortung für die politische Umsetzung der 17 Ziele an einer Stelle, die den Wandel tatsächlich beschließen und die Umsetzung vorantreiben kann (die also die notwendige politische Macht hat), sehe ich als einen zentralen Hebelpunkt.

Zudem liegt ein großes Potenzial darin, die Wirtschaft stärker einzubinden und in die Verantwortung nehmen. Es müssen weitere Anreize geschaffen werden, um eine Veränderung Richtung Nachhaltigkeit zu fördern. Zudem braucht es aus meiner Sicht mehr öffentliche Gelder für nachhaltige Projekte.

Letztlich muss Politik im Sinne der Bürger:innen gestaltet werden. Die Wünsche und vor allem die Ängste der Bevölkerung müssen ernst genommen werden. Es muss mehr Transparenz bei politischen Entscheidungen erreicht werden.

Was sind aus deiner Sicht die notwendigen nächsten Schritte für die Umsetzung der SDGs in Hamburg?

Aus meiner Sicht müssen die Themen Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit politisch mit einer weitaus höheren Priorität als bisher behandelt werden. Bereits jetzt lässt die geopolitische Lage weltweit darauf schließen, dass die Fluchtbewegung in den kommenden Jahren zunehmen wird. Die Ressourcenknappheit in den meisten Regionen der Welt deutet darauf hin, dass in den kommenden Jahren die Klimaveränderung und ihre Folgen eine weitere große Ursache für die Migrationsbewegung sein werden. Für mich ist klar: Hamburg braucht für die Umsetzung der 17 Ziele einen Plan mit klaren Zielvorgaben und einer übergreifenden Umsetzungsstrategie und eine Kontrollinstanz mit den nötigen Handlungsbefugnissen.

Was ist deine persönliche Vision für Hamburg im Jahr 2030?

Für mich zählen u.a. eine bedürfnisgerechtere und lebensfreundlichere Stadt, mehr bezahlbaren Wohnraum und größere Investitionen in Bildung zu den maßgeblichen Visionen. Hamburg braucht eine echte Partizipation der neuen Bürger:innen an der Gesellschaft. Das bedeutet auch, dass die Entscheidungsebenen in der Politik und Wirtschaft diverser werden müssen. Und die 17 Ziele sind allen bekannt und dienen als Vorgabe für alle weiteren Handlungen.

Vielen Dank für das Interview, Parica. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit dir!

Die Fragen und das Interview wurden vorbereitet von Daniel Eckert, wissenschaftlicher Referent des NFH.

Anstehende Veranstaltungen

Skip to content