17 Ziele im Fokus mit Wolfgang Besold-
Vertreter von Gemeinwohl-Ökonomie Hamburg im NFH
Die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) hat die Etablierung einer ethischen, ökologisch nachhaltigen und sozial gerechten Wirtschaftsordnung zum Ziel. Eine Wirtschaftsordnung, die auf den Werten Menschenwürde, Solidarität, Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit, Transparenz und Mitentscheidung basiert. Ihr Zweck ist ein gutes Leben für alle statt die Gewinnmaximierung einiger Weniger.
Wolfgang Besold ist Koordinator der Arbeitsgruppe Bildung in der Regionalgruppe Hamburg der GWÖ. Er vertritt die GWÖ im Nachhaltigkeitsforum und ist dort in den Arbeitsgruppen Bildung und Wirtschaft aktiv.
Wolfgang ist Physiker im Ruhestand. Während seines Berufslebens arbeitete er über 35 Jahre lang für verschiedene internationale Unternehmen in den Bereichen Halbleiter, mobile Kommunikation und Medizintechnik. Neben seinem Engagement für die GWÖ ist er auch seit vielen Jahren ehrenamtlich bei Greenpeace aktiv.
Wolfgang, Du setzt dich mit der Gemeinwohl-Ökonomie Hamburg hauptsächlich für die SDG 4 „Hochwertige Bildung“, SDG 8 "MEnschenwürdige Arbeit" und SDG 12 "Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion" ein, wie kannst du diese Arbeit ins NFH einbringen?
Die drei genannten SDGs beschäftigen sich mit Bildung, fairer Arbeit sowie nachhaltigem Produzieren, Handeln und Konsumieren. Das Kerninstrument der GWÖ ist die Gemeinwohl-Matrix. Damit machen Unternehmen, Organisationen, Regionen und Gemeinden ihren Beitrag zum Gemeinwohl sichtbar und messbar. In der Gemeinwohl-Matrix werden auch alle anderen SDG-Ziele angesprochen. Mit den Gemeinwohl-Themen Menschenwürde in der Zulieferkette über sozial-ökologische Investitionen und Mittelverwendung bis hin zur Reduktion der ökologischen Auswirkungen, trägt die GWÖ praktisch zur Umsetzung einer Vielzahl der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) bei.
Mein persönlicher Schwerpunkt in der GWÖ ist die Bildung, also SDG Nr. 4. Wir beschäftigen uns in der GWÖ-Regionalgruppe Hamburg in diesem Bereich u.a. mit der Entwicklung und dem Einsatz von Bildungsformaten zur Gemeinwohl-Ökonomie in Form von Vorträgen, Planspielen, Seminaren und Workshops. Zielgruppen sind u.a. Verbände, Bildungs-Institutionen, Schulen aber auch die allgemeine Öffentlichkeit.
Im Nachhaltigkeitsforum bringe ich meine Netzwerke und Erfahrungen aus dieser Arbeit zielführend in der AG Bildung ein.
Wie bewertest du den Umsetzungsstand der SDGs in Hamburg?
Ich habe den Eindruck, dass die SDGs und die Bedeutung ihrer Umsetzung für eine nachhaltige Entwicklung in der Gesellschaft noch bekannter gemacht werden müssen.
Immerhin hat die Stadt Hamburg erkannt, dass die Anstrengungen zur Förderung der Nachhaltigkeitsziele verstärkt werden müssen. Dazu wurden diverse Aktivitäten gestartet, u.a. die GWÖ-Bilanzierung eines städtischen Beteiligungsunternehmens, der Stadtreinigung Hamburg. Es muss aber noch viel mehr getan werden. Weitere städtische Beteiligungsunternehmen müssen folgen.
Auch im Bildungsbereich ist Hamburg mit dem Hamburger Masterplan BNE auf einem guten Weg, aber noch weit vom Ziel entfernt, wie die Diskussionen um die Aktualisierung der Bildungspläne in den letzten Monaten gezeigt haben.
Worin siehst du die größten Hebelpunkte und Potenziale für nachhaltige Entwicklung in Hamburg?
Die Idee der Gemeinwohl-Ökonomie, für die ich mich engagiere, finde ich deshalb so großartig, weil sie einen ehrgeizigen Ansatz für Unternehmen und Organisationen bietet, sich intensiv mit den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung zu beschäftigen. Dabei handelt es sich um einen ganzheitlichen Ansatz. Viele andere Nachhaltigkeits-Standards greifen lediglich bestimmte Aspekte gezielt heraus.
Der Erfolg des derzeitigen Wirtschaftssystems beruht auf unbedingtem Wachstum und der Ausbeutung von Mensch und Natur. Deshalb ist meiner Meinung nach eine nachhaltige Entwicklung nur in Verbindung mit der Transformation zu einem alternativen Wirtschaftssystem möglich.
Der erste Hebel dabei sind für mich Unternehmen, die bereit sind zu prüfen, wo sie in Bezug auf SDGs und Nachhaltigkeit stehen, daraus Maßnahmen für ihre weitere Entwicklung ableiten und diese umsetzen.
Ein weiterer Hebel ist die Politik, die alternative Wirtschaftsformen, welche ökologische und soziale Aspekte berücksichtigen, unterstützt und die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Transformation schafft.
Ein dritter großer Hebel ist für mich die Bildung, speziell Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE), die als Unterziel 4.7 in den SDGs festgehalten ist.
BNE versetzt die Menschen in die Lage, ihre Denkweise und ihr Handeln auf eine nachhaltige Zukunft auszurichten. Sie hilft, Wissen und Fähigkeiten zu erwerben sowie Werte und Verhaltensweisen zu verinnerlichen, die Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung und somit für die Umsetzung der SDGs sind.
Was sind aus deiner Sicht die notwendigen nächsten Schritte für die Umsetzung der SDGs in Hamburg?
Das A&O einer erfolgreichen Umsetzung ist das zeitnahe regelmäßige Monitoring aller beschlossenen Maßnahmen. Das funktioniert am besten mit geeigneten Kennzahlen, anhand derer der Grad der Zielerreichung gemessen werden kann.
Was ist deine persönliche Vision für Hamburg im Jahr 2030?
Meine persönliche Vision für Hamburg 2030 ist die einer menschen- und fahrradfreundlichen, kulturell vielfältigen, inklusiven, barrierefreien, in vielen Bereichen autofreien, grünen Stadt, in der das wirtschaftliche Treiben auf das Gemeinwohl ausgerichtet ist. Eine Stadt, in der Unternehmen, Politik und Zivilgesellschaft füreinander und miteinander ein Netzwerk der Solidarität, sozialen Gerechtigkeit und ökologischen Nachhaltigkeit aufgebaut haben, das ein gutes Leben für alle möglich macht. Eine Stadt, die den Auswirkungen der unvermeidlichen Folgen der Klimakatastrophe gegenüber widerstandfähig sein wird.
Vielen Dank für das Interview, Wolfgang. Wir freuen uns auf die weitere gemeinsame Arbeit mit dir!
Die Fragen und das Interview wurden vorbereitet von Daniel Eckert, wissenschaftlicher Referent des NFH.